The Near Future: An Evening with Starship and Guests
22.03. Grüner Salon der Volksbühne, Berlin
Larry Gottheim, Barn Rushes
16mm film, color, silent, 35 min., 1971
Klaus Weber, Das Witzetape (The Joke Tape)
Video, audio, 30 min., 1995
Larry Gottheim’s 1971 structuralist film Barn Rushes shows—in a series of elegantly oscillating tracking shots arranged into different views—nothing more and nothing less than the image of the silhouette of a large barn, dissolving in different conditions of light, depending on the different times of the day and year. In this masterful study of stationary cinema and the frenzied movement of the cinematic image, the viewer does not know what exactly this building or barn is, but senses that through its form and its materials of wood and celluloid it is connected to another, earlier modernity, and as a result seems to be already doomed to obsolescence. This lends it a serious clarity as a moving image and implicates the cinematic experience associated with it.
According to Wikipedia, in 1670 Kurfürst Friedrich Wilhelm forbade having barns within the city area for fire safety reasons, and around 1672 he arranged the construction of twenty-seven barns in the immediate vicinity of what were then the city walls. This is how the present Scheunenviertel (Barn district) came into being. Alexanderplatz was a cattle market at the time, requiring large amounts of hay and straw. As the fire safety regulations prohibited the storage of such flammable materials within the city walls, the barns were built right outside the wall. North of what is now Dircksenstraße, which marks the wall’s approximate course before the baroque city fortification, lay extensive agricultural land. The Scheunenviertel also served as a home for the agricultural workers employed there. After the city wall was torn down, the area was developed, but kept its old name in common parlance.
None of the Berlin Scheunengassen (Barn Alleys) exist today in their historical form.
While viewing a film such as Barn Rushes, anticipation and remembrance are active both in a long-term perspective and in the intensified perceptual space of the moments between short-term memory and projection. We learn while we are watching, wondering from time to time how much longer the film might last, and we can assume with some certainty that there are other variations of the barn images that will follow. At the same time, this apparent certainty allows you to zone out and reflect on things that are perhaps stored in the vicinity of the word “barn” or its image, or perhaps have nothing at all to do with the barn but because they lie close to the emotion of the cinematic image of the barn, they take shape and emerge.
Something might come to mind that you had forgotten a long time ago, or that you did not know you had stored in your own memory. The mind, the inner memory, conjures something in relation to the inside and the outside. An inner picture, a social image or perhaps a joke. But perhaps it is not a joke at all. Or you don’t know yet that it is a joke for someone else.
In 1995, the Berlin artist Klaus Weber approached passers-by on Oranienburger Straße and Chausseestrasse in Berlin, asking them to spontaneously tell him a joke. The resulting audio piece, the so-called Witzetape (Joke Tape), sets the tone of the second part of the program that deals with Berlin and its streets, and a drastic articulation of the burst of the pre-conscious into the conscious realm.
Photo: Filmstill Barn Rushes. Credit: Arsenal – Institut für Film und Videokunst e.V.
Die nahe Zukunft: Ein Abend mit Starship und Gästen
22.03. Grüner Salon der Volksbühne, Berlin
Larry Gottheim, Barn Rushes, 1971
16mm Film, Farbe, stumm, 35 min.
Klaus Weber, Das Witzetape, 1995
Video, Audio, 30 min.
Larry Gottheims strukturalistischer Film von 1971, Barn Rushes, zeigt in einer Serie von in Blöcken organisierten, elegant pendelnden Kamerafahrten nicht mehr und nicht weniger als das Bild der Silhouette einer großen Scheune, aufgelöst in unterschiedlichen Lichtverhältnissen zu unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten. Eine meisterhafte Studie des Kinos des Stillstandes und der rasenden Bewegung des filmischen Bildes selbst, weiß der Betrachter nicht, was genau dieses Bauwerk, diese Scheune ist, spürt jedoch, dass sie durch ihre Form, ihr Material, durch Holz und Zelluloid, einer anderen, früheren Moderne verbunden und dadurch schon dem Untergang geweiht scheint. Dies verleiht ihr als bewegtes Bild und der damit verbundenen filmischen Erfahrung ernsthafte Klarheit.
Wikipedia sagt: Im Jahr 1670 hatte der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm aus Brandschutzgründen den Unterhalt von Scheunen innerhalb des Stadtgebietes untersagt, um 1672 ordnete er den Bau von 27 Scheunen in unmittelbarer Nähe der damaligen Stadtmauer an. So entstand das heutige Scheunenviertel. Der Alexanderplatz war zu jener Zeit ein Viehmarkt, für dessen Betrieb große Mengen Heu und Stroh benötigt wurden. Da die Brandschutzordnung das Lagern derart feuergefährlicher Materialien innerhalb der Stadtmauer verbot, wurden die Scheunen außerhalb der Mauer errichtet. Nördlich der heutigen Dircksenstraße, die deren ungefähren Verlauf vor der barocken Stadtbefestigung markiert, befanden sich ausgedehnte, landwirtschaftliche Nutzflächen. Das Scheunenviertel diente zudem als Heimstatt für die dort beschäftigten Landarbeiter. Nach dem Abriss der Stadtmauer wurde das Gebiet bebaut, behielt aber im Volksmund seinen alten Namen.
Keine der der Berliner Scheunengassen existiert mehr in ihrer damaligen Form.
Antizipation und Erinnerung sind bei der Betrachtung eines Filmes wie Barn Rushes sowohl in einer Langzeitperspektive als auch im intensivierten Wahrnehmungsraum zwischen Kurzzeitgedächtnis und der Vorausschau im Sekundenbereich aktiv. Wir lernen, während wir sehen, fragen uns zwischendurch, wie lange wohl der Film noch dauern wird, wir können mit einiger Gewissheit annehmen, dass es weitere Variationen von Scheunenbildern sind, die noch folgen werden. Gleichzeitig erlaubt einem diese scheinbare Gewissheit, abzuschweifen und über Dinge nachzudenken, die möglicherweise in der Nähe des Wortes oder Bildes der “Scheune” gelagert sind oder eventuell gar nichts mit der Scheune zu tun haben, weil sie in der Nähe der Emotion des filmischen Bildes der Scheune herum liegen, Form annehmen und entstehen.
Etwas könnte einem in den Sinn kommen, was man schon lange vergessen hatte oder von dem man gar nicht wusste, dass es im eigenen Gedächtnis lagerte. Das Gedächtnis, der innere Speicher legt sich etwas zurecht, im Verhältnis von Innen und Außen. Ein inneres Bild, ein soziales Bild, unter Umständen ein Witz. Möglicherweise handelt es sich jedoch um gar keinen Witz. Oder man weiß noch nicht, dass es ein Witz ist, für jemand anderen.
Der Berliner Künstler Klaus Weber sprach im Jahr 1995 auf der Berliner Oranienburger Straße und der Chausseestraße vorbeikommende Passanten an und bat sie darum, ihm spontan einen Witz zu erzählen. Das daraus entstandene Hörstück, das sogenannte Witzetape, bestimmt den zweiten Teil des Programmes und das hat mit Berlin und seinen Straßen zu tun und einer drastischen Artikulation des vorbewusst-bewusst Hervorbrechenden.
Foto: Filmstill Barn Rushes. Credit: Arsenal – Institut für Film und Videokunst e.V.